Vom 24. Januar bis zum 28. Februar 2022 zeigt das Kulturhaus RomnoKher einzigartige Fotografien von Männern, Frauen und Kindern, die wenige Jahre später beinahe alle dem Völkermord an den Sinti und Roma Europas zum Opfer fielen. Die Bilder zeugen von gegenseitigem Respekt zwischen den Fotografierten und dem Fotografen. Sie sind völlig anders als die gleichzeitigen Darstellungen in der nationalsozialistischen Propaganda.
Wie kam es zu diesem besonderen Fotobestand? Und wie hat er diese Zeit überstanden? Zwischen 1932 und 1939 fotografierte Hanns Weltzel mitteldeutsche Sinti und Roma in Dessau-Roßlau. Der in Roßlau lebende Fotojournalist pflegte freundschaftliche Beziehungen zu den Familien. Bis 1938 konnte er Artikel über Sinti und Roma in der Anhaltischen Presse veröffentlichen. Zudem stand er mit der „Gypsy Lore Society“, deren Sitz sich in Liverpool befand, in Kontakt und schrieb Artikel für deren Journal. So gelangten schon damals erste Fotografien nach Liverpool. Der gesamte Bestand von ca. 200 Fotografien befindet sich heute in der Bibliothek der Universität Liverpool.
Anfang 1938 wurden Sinti und Roma aus Dessau-Roßlau und ganz Anhalt in das „Zigeunerlager am Holzweg“ in Magdeburg gezwungen. Dieses Internierungslager hatte die Stadt Magdeburg 1935 am Stadtrand errichtet. Im Juni 1938 wurden zahlreiche Männer und männliche Jugendliche von dort in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. Damit begann das Auseinanderreißen der Familien, die Hanns Weltzel fotografiert hatte. Bald trafen erste Todesnachrichten aus Konzentrationslagern in Magdeburg ein. Mit der Verhaftung aller Sinti und Roma in Magdeburg am 1. März 1943 und deren Deportation nach Auschwitz einen Tag später wurde das Lager am Holzweg aufgelöst.
Eve Rosenhaft, Professorin an der Universität Liverpool, und Jana Müller vom Alternativen Jugendzentrum Dessau sind der Geschichte dieser einzigartigen Fotos nachgegangen. Im Gedenken an die Opfer des Völkermords und in engem Austausch mit den Überlebenden und ihren Nachfahren ist eine Wanderausstellung entstanden.
„…vergiss die Photos nicht, das ist sehr wichtig…“ – Die Verfolgung mitteldeutscher Sinti und Roma im Nationalsozialismus dokumentiert die Lebens- und Leidenswege der Familien Laubinger, Lauenburger, Thormann, Stein, Steinbach und Ansin. Auch über Erna Lauenburger, das Vorbild für die bekannte Romanfigur Unku, die Hanns Weltzel mehrfach in Dessau-Roßlau ablichtete, berichtet die Ausstellung. Vor zehn Jahren veröffentlichte das Alternative Jugendzentrum Dessau bereits die Filmdokumentation „Was mit Unku geschah – Das kurze Leben der Erna Lauenburger“ (https://www.youtube.com/watch?v=kXSVnZrMRvQ).
Die Eröffnung findet am 24. Januar 2022 um 18:30 Uhr statt. Die Ausstellungsmacherin Jana Müller wird in die Ausstellung einführen. Eine Finissage wird am 28. Februar um 18:30 Uhr stattfinden.
Mit dieser Ausstellung erinnert der VDSR-BW in seinem Kulturhaus RomnoKher an die Opfer des Völkermords.
Führungen für Schulklassen werden von unserem außerschulischen Lernort RomnoKher durchgeführt (Kontakt: Jessica Kemfelja: jk@sinti-roma.com).
Einlass unter Einhaltung der derzeit in Baden-Württemberg geltenden 2G-Plus-Regeln.
Öffnungszeiten:
Mo, Mi, Do 10–17 Uhr; Di 10–18 Uhr.
Sowie am Sa, dem 19.02. von 12–15 Uhr.
Letzter Einlass 30 Minuten vor Schließung.