Heute Morgen verstarb im Alter von 98 Jahren, wie der engste Familien- und Freundeskreis bekannt gab, Elisabeth Guttenberger. Der Landesverband und sein Vorsitzender Daniel Strauß trauern mit allen, die ihr nahestanden. Elisabeth Guttenberger war in vielfacher Hinsicht Inspiration und Initiatorin der heutigen Bildungs- und Gedenkarbeit der nationalen Minderheit. Sie nimmt einen herausragenden Platz in der Geschichte der Bürgerrechtsbewegung der Sinti und Roma ein.
Erst am 20. September 2023 erhielt sie den vom VDSR-BW verliehenen Kultur- und Ehrenpreis der Sinti und Roma. In ihrer Laudatio erklärte die Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg, Muhterem Aras:
Ich verbeuge mich vor Ihrem Mut und Ihrer Energie, mit der Sie seit Jahrzehnten Unrecht beim Namen nennen und gleichzeitig Ihre Hand zur Versöhnung reichen. Als junge Frau haben Sie das Unerträgliche ertragen müssen: Die Hölle von Auschwitz. Fast unvorstellbar, wie Sie im „Hauptbuch“ des Lagers Listen führen mussten über die systematischen Morde der Nationalsozialisten. Darunter die Ermordung von 30 Ihrer engsten Verwandten.
In den Auschwitzprozessen haben Sie gegen die Täter ausgesagt. Obwohl Ihnen die Gerechtigkeit damals verwehrt blieb, haben Sie sich nicht aufhalten lassen und weiter dafür gekämpft, dass das Unrecht weiter benannt und die Leidensgeschichten der Sinti und Roma im sogenannten Dritten Reich nicht vergessen werden.
Elisabeth Guttenberger wurde am 6. Februar 1926 als Elisabeth Schneck in Stuttgart geboren. Gemeinsam mit ihren drei Geschwistern erlebte sie eine behütete Kindheit. Der Vater handelte mit Streichinstrumenten und Antiquitäten, 1936 zog die Familie nach München. Die rassistische Politik des Nationalsozialismus zerstörte ihr Leben. Obwohl Elisabeth Guttenberger eine gute Schülerin war, durfte sie nach der Volksschule keine weiterführende Schule besuchen, auch eine Lehrstelle in einer Konditorei musste sie aufgeben, stattdessen Zwangsarbeit in einer Munitionsfabrik leisten. Sie wurde wie viele Tausende deutsche Sinti und Roma im März 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Viele ihrer Verwandten wurden dort ermordet. Elisabeth Guttenberger überlebte Auschwitz und sagte später in Prozessen gegen nationalsozialistische Täter aus.
In den 1990er Jahren hielt sie mehrere Reden zu wichtigen Anlässen: Im Dezember 1992 sprach sie im Berliner Reichstagsgebäude am 50. Jahrestag des „Auschwitzerlasses“, mit dem 1942 von Heinrich Himmler die Deportation und Vernichtung der Sinti und Roma angeordnet worden war. Elisabeth Guttenberger engagierte sich auch für die Verbesserung der Bildungssituation von Sinti und Roma, gründete u.a. den Verein Bildung für Sinti und Roma Ravensburg und setzte sich nachdrücklich für die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verfolgung in Schulen ein. Ihr letzter Kampf galt gemeinsam mit ihrer Unterstützerin Magdalena Guttenberger einer würdigen Erinnerung an das so lange aus dem kollektiven Gedächtnis verdrängte NS-Zwangslager Ummwenwinkel in Ravensburg. Alle, die dieser großen Frau gedenken, können nur hoffen, dass die Stadt Ravensburg dieses Vermächtnis annimmt und sich diese Aufgabe zu ihrer Verpflichtung macht.
Beiträge / Aktuelles Startseite / Elisabeth Guttenberger verstorben – Landesverband gedenkt der Vorkämpferin des Gedenkens an den Völkermord