Die St. Josefspflege Mulfingen und der VDSR-BW gedachten am 13. Mai 2024 in der Aula der Schule gemeinsam der aus dem dortigen katholischen Kinderheim ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportierten jungen Sinti. Nur vier der vor 80 Jahren, am 9. Mai 1944, verschleppten 39 Kinder und Jugendlichen überlebten.
Das Schicksal der Mulfinger Kinder steht heute in ganz Europa für den systematischen rassistischen Völkermord an Sinti und Roma. “Es waren Kinder”, erklärte der Landesvorsitzende Daniel Strauß in seiner Gedenkrede: “Das sagt uns im Grunde alles über den Völkermord an den Sinti und Roma ganz Europas – und auch ganz Württembergs. Die Mörder und ihre Helferinnen und Helfer machten vor Kindern nicht Halt. In ihrem rassistischen Wahn wollten sie jeden Einzelnen auslöschen. Auch die Allerkleinsten und auch die, denen diese Schule, dieses Heim anfangs noch Schutz bot. Die Nationalsozialisten wollten die systematische Ermordung aller Sinti und Roma.”
Die Nationalsozialisten, so hat Hannah Arendt es formuliert, beanspruchten zu entscheiden, „wer die Erde bewohnen soll und wer nicht“. Große Teile der Gesellschaft wirkten dabei mit. Dass dies nie wieder geschehen darf, ist das Fundament unseres Gemeinwesens. Daniel Strauß erinnerte daran, dass es “Einrichtungen waren, die wir heute noch kennen, die Polizei, die staatliche Jugendfürsorge, die treibende Kräfte hinter den Deportationen waren.”
Auch Landtagspräsidentin Muhterem Aras mahnte in ihrer Gedenkrede, dass aus der Erinnerung Verantwortung für die Gegenwart erwächst. Neben ihr sprach auch der Geschäftsführer der St. Josefspflege Mulfingen, Rainer Friedrich, der die auf der “Erziehung nach Auschwitz” fußende Gedenkarbeit der Mulfinger Schulen vorstellte.
Zu erleben war auch eine bewegende szenische Aufführung von Ereignissen aus den letzten Wochen und Tagen, die die Mulfinger Sinti-Kinder vor der Deportation in der St. Josefspflege verbrachten. Heutige Schülerinnen und Schüler der St. Josefspflege haben dieses Stück gemeinsam mit dem Bildungsteam des Landesverbands Deutscher Sinti und Roma erarbeitet. In diesem Stück stellten die Jugendlichen von heute die Frage: Wie steht es um unser Gewissen? Erkennen wir das Böse, wenn wir es sehen?
Der ökumenische Gottesdienst in der Kirche St. Kilian vor der Gedenkfeier wurde gemeinsam gestaltet von Weihbischof Thomas Maria Renz von der Diözese Stuttgart-Rottenburg und Pfarrerin Silke Stürmer, Beauftragte der Evangelischen Landeskirche Württemberg für die Zusammenarbeit mit Sinti und Roma.
Zur Berichterstattung: https://www.drs.de/ansicht/artikel/geschichte-als-mahnung-an-die-gegenwart.html und https://www.drs.de/ansicht/artikel/engagiert-fuer-eine-wache-erinnerungskultur.html.
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