Die christliche Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas, die sich auch Ernste Bibelforscher nannte, wurde seit 1933 in Deutschland und ab 1938 auch im nationalsozialistisch beherrschten Europa systematisch verfolgt. Als Einzelne und als Gruppe leisteten Zeugen Jehovas religiösen Widerstand gegen die NS-Gewaltherrschaft. Sie verweigerten den Hitlergruß, die Mitgliedschaft in NS-Organisationen sowie die Beteiligung an Krieg, Gewalt und Rüstungsproduktion. Sie solidarisierten sich mit anderen Opfergruppen und klärten öffentlich über den verbrecherischen Charakter des Nationalsozialismus auf.
Fast 14.000 Zeugen Jehovas – Frauen und Männer – wurden in Europa inhaftiert, über 4.200 in Konzentrationslagern, wo sie mit einem “lila Winkel” stigmatisiert wurden. Auch in frühen Konzentrationslagern wie Osthofen waren Zeugen Jehovas schon unter den Häftlingen vertreten.
Etwa 1.250 der Verfolgten waren minderjährig, 600 Kinder wurden vom NS-Staat ihren Eltern weggenommen. Mindestens 1.700 Zeugen Jehovas verloren ihr Leben.
Darunter sind auch die 282 wegen Kriegsdienstverweigerung hingerichteten Zeugen Jehovas. Weitere 55 Kriegsdienstverweigerer kamen in der Haft oder in Strafeinheiten ums Leben. Es handelt sich um die größte Gruppe von Kriegsdienstverweigerern im Nationalsozialismus. Ihr Schicksal trug wesentlich zur Verankerung des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland bei.
Der Vortrag gibt einen Überblick über die Forschung und skizziert die wichtigsten Stationen dieser Verfolgungsgeschichte.
Vortrag von Dr. Tim Müller, Verband Deutscher Sinti & Roma, Landesverband Baden-Württemberg